E.: Das Hebräerland. Von Else Lasker-Schüler
Aktualisiert: 26. März 2021
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Das Hebräerland. Von Else Lasker-Schüler. Mit 9 Zeichnungen, Verlag Dr. Oprecht und Helbling A.-G., Zürich 1937, 168 Seiten. – Das Palästina-Buch einer Dichterin. Wer eine Reisebeschreibung oder gar Tatsachen, Information usw. erwartet, wird je nach Temperament gelangweilt, verärgert oder empört sein. Die Tatsachen sind manchmal geradezu grotesk falsch dargestellt, so daß niemand, der das Land nicht kennt, sein äußeres Bild aus diesem Buch erfahren wird. In ihm tritt uns eine Wahrheit auf höherer Ebene, die innere Wahrheit des Landes entgegen. Mag man bei seiner Lektüre hundertmal über Irrtümer der Verfasserin amüsiert oder ärgerlich lachen – plötzlich stehen da ein paar Zeilen, die alles vergessen lassen: die Luft Palästinas weht einem entgegen, der Geier zieht am Himmel seine Kreise, man hört und sieht die Esel, die Kamelkarawanen, das Treiben der Straße, erlebt den Feiertag an der Klagemauer, Autobusfahrten, jüdische Hochzeit, Zirkus, Jeschiwah – alles durcheinander, alles höchst eigenwillig geschaut und erzählt. Für Else Lasker-Schüler ist Jerusalem die Braut Gottes. Sie sagt: »Der Künstler trägt die Zeit nicht zwischen zwei Deckel gelegen bei sich an der Kette; er richtet sich nach dem Zeiger des Universums, weiß darum immer, was die Urkuckucksuhr geschlagen! Und sein Nachbar täte gut, sich bei ihm zu erkundigen – ob noch Zeit. In Jerusalem vernimmt man tickend die Weltuhr; ihr Zifferblatt leuchtet, liebreich zeigen ihre Zeiger immer noch auf heiligere Stunden und am Mittag läutet es Frieden.« Und an einer anderen Stelle: »Der dichtende Mensch erfaßt Palästina und teilt mit dem Herrn die Verantwortung seiner liebsten Schöpfung.« E.
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Aus: Palästina (Wien). Jg. 20, Nr. 7 vom Juli 1937. S. 386.