Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Jerusalem, Freitag, 8. September 1939

Hotel Vienna. Jerusalem.

8. Sept. 39.

Sehr lieber Berner.

Ich hatte Ihnen einen sehr langen Brief geschrieben, aber es würde für die Censur hier zu lange dauern, zumal er noch dazu mit der Hand geschrieben. Ich wünschte so der Brief wäre sehr sehr bald in Ihren Händen. Schreiben Sie mir Karte sofort Luftpost? Mir sagte ein sehr netter Engländer es ging dann schneller. Er hilft mir überhaupt in Fragen und oft bin ich in Talpiot (wo die Himmelsleiter Jakobs ist) bei seiner lieben Familie. Er sagte auch ich soll Ihnen inl. grünen Zettel senden. Herrn Bundesrat hatte ich schon ungefähr vor 10 Tagen geschrieben. Er kennt meinen Onkel L. S. (Seinen Namen) Mein Onkel lebt ja nicht mehr. Ich werde auch Dr. Korrodi bitten. Ich bin wegen so vieler Dinge verzweifelt ungeheuer. Wenn ich Einreisevisum habe, kann ich doch abreisen, wenn eben möglich Ich ginge nach Ascona wieder. Ich bitte Sie herzlich, fragen Sie Dr. med. Tomarkin; er war Arzt in Belinzolarer Polizeibehörde oder wie man das nennt. Er unterhielt sich gern mit mir, kam er nach Ascona. Auf einmal zog er nach Zürich, ob er dort noch praktiesirt, weiss ich nicht: Damals Dufourstr.

(Dr- med- Tomarkin.) Vielleicht bekomme ich Einreise: Ascona.

Das Land hier grandios. Die Sprache von einem Kenner gesprochen: unendlich! Ich glaube dennoch oder gerade darum der grossen Heiligkeit wegen, wird der wahre Mensch zuerst so leiden enorm.

[2] Ihr kleiner Vetter: – Mill hat er sich wieder erholt?

Sein Bruder ist doch hier im Emek vielleicht kann er eine Zeitlang hierher kommen? Ich würde mich kümmern; mein Piaster sein Piaster. Da er oft gut zu mir war. Ich brächt ihn zurück. Ich grüsse Sie tausendmal mit vielem Dank! Ihre Else Lasker-Schüler.

Bitte sagen Sie, ich schreibe hier für Haarez große Zeitung von Jerusalem. Herausgeber Schocken.

Auch bekomme ich noch monatlich – Geld von hier zum Unterhalt, bin ich wieder Schweiz.