[62] Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Ascona, Samstag, 31. August 1935

[1] [2]
31. VIII 35.
Verehrter Mill.
Der Erik ein Gentleman und allerallerbester Mensch ist nach Bern gereist, seiner Braut die hier war, nachgereist, ihr nochmals Lebewohl zu sagen. Er ist so warm und war so traurig über ihre Abreise. Nun weiß er, nie nannte ich Ihren Namen, Ihren Namen und möchte Sie grüßen von – Ascona, von unserer Teufelsinsel. Ich bekam Ihren Brief vor 4 Wochen, [das W als Herz] aber ich konnte nicht schreiben, wie Sie auch wissen, auch warum. Ich bin doch immerhin, in Berlin am Intensivensten, [2] der Prinz von Theben [Mondsichel mit Stern] bei aller – »Bescheidenheit«. Ich habe solche Enttäuschung in Bern erlebt, daß Sie Sich doch erinnern müssen, als mein [Herz] brach auf dem – – – Corinthen-Platz. Spießer störten mich weniger, da ich sie nur – gezeigt – sehe, sonst übersehe ich sie. Sie wußten, daß ich zwei Jahre verfolgt, wund und trostlos war; ich wollte von Ihnen keine Phylosophie noch Sie ausnutzen. Tat mir schrecklich leid, daß Ihr Tanz an den Abenden und Liebesaventüren Doppeltüren – Sie leer nach Hause gehen ließen. Seien Sie nett zu Erik.
[1] Herrlicher Mensch ist er. Münchner, den ich Jahre kenne. Er ruft an.
Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 19). Druck: Else Lasker-Schüler, Werke und Briefe. Kritische Ausgabe. Im Auftrag des Franz Rosenzweig-Zentrums der Hebräischen Universität Jerusalem, der Bergischen Universität Wuppertal und des Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar hg. von Andreas B. Kilcher [ab Bd. 9], Norbert Oellers, Heinz Rölleke und Itta Shedletzky. Bd. 9: Briefe. 1933–1936, bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki, Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 2008, S. 244 f.