Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Dienstag, 5. Oktober 1937
[1] [2]
5. Okt. 37.
Lieber Mill.
Ich schreibe lieber mit der Hand Briefe, aber ich hab wieder schlimmen Arm. Das kommt manchmal wird aber wieder besser durch eine Salbe, die ich mir gleich hole aus der Apotheke. Ich habe Ihnen so schnell geantwortet, da nun schrecklich zu tun und wichtig zu beantworten Fragen. Auch wegen Vorträge in Serbien. Dort sollen Vorträge überfüllt sein und in jeder Beziehung. Gestern schrieb mir der ehemalige Minister und seine Frau die Sache ist im Werden. Vielleicht gehen sie beide mit. Vielleicht interessieren Sie die allerletzten Kritiken? In Jerusalem half mir eine gute Kraft. Ein grosser Rabbuni dort eilte auf meine Bühne, das heisst auf meinen Platz erzählte den Zuhörern eine Legende wo schon einmal vor Zeiten ein Dichter so – – – – gewaltig gesprochen. Das hört sich selbst wiedererzählt, bestrampelt an, aber ich kann ja im Grunde auch nichts dafür. Ich hatte plötzlich eine unbeschreibliche Kraft. Nichtsdestoweniger marschierten wir alle nach der Vorlesung in einen Eisgarten und das war so lustig und dann wanderten wir alle gen – Jerusalem-City. Sie würden erstaunt sein wie ich nun disponiere und durch Jerusalem erstarkte. Beinah noch wie ich kam und braungebrannt. Was scheert mich ein Spiesser dessen Frau geraubt. Er soll froh sein dass er den ungesehen sicherlich Klotz los ist. Halb zog er sie halb sank sie hin«. Meine Minna ging vorrüber meine Minna sieht mich nicht. Ich wollt ich wär Richter Ihr Richter gerad in diesem Schaffhausener? Fall. Denken Sie lieber an mich. Ich bin gar nicht mehr schwärmerisch noch verliebt. Nicht schaal gerade, aber total ernüchtert. Hat der Mann nicht recht ich würde mir doch im Lebtag kein Frau bringen lassen, servieren, Ich hätte sie überfallen. Genau wie ich eindringe dort wo mirs beliebt. In Jerusalem bin ich im Keren durchs Fenster gestiegen wissend man hat mich falschhingestellt [2] Jemand Als ich plötzlich da stand war gerade so eine Sekrerintrine im Zimmer. Die rannte vor Schreck heraus und ich war mit dem Doktor allein. Er wollte gerade den Mund schimpfend öffnen, da blickten wir uns an und bekamen einen Lachkrampf. Er hatte keine Ruhe mehr und hat überall ins Land für mich dem Räuber geschrieben und immer muss er noch an mich denken. Nun lieb ich zwei Menschen habe zwei Gärten und noch einen im unteren Viertel der Stadt einen italienischen. Kam ich vorbei flogen Blumen auf mich und Feuerflammengarben. Ich möchte nie im Leben mehr einen Menschen lieben das ist Liebessclaverei und man wird massochiszisch, verliert die Prinzenwürde. Wenn ich auch nicht tanzen gehe und ging so verstehe ich es wohl.
Nun Bureau: Ich habe mit Reiss abgeschlossen fast. An Hartung schreib ich bald. Ich hoffe Palästina sorgt für – seinen Prinzen. Sie schrieben so. Und wenn Sie mal dort als Anwalt sein möchten paar Jahre kann ich bald machen. überwältigend dort. Nun hoffe ich Sie sind wieder frisch und wieder guter Laune ohne Falten und Alter. Mit Rici und Olivenöl und parfümierten Pudermehl reib ich am Abend und am Morgen mir weg die grauen Faltensorgen.
Inl. Das gebetene Gedicht das diese Woche erscheint in der Herbstballkünstlerzeitung der Maler. Bitte die 4 Einlagen zurück. Ich hab auch über Palästina geschrieben für eine Zeitung.
Ich schreibe alles am Mittagstisch der Mitternachtsonne sonst alles dunkel. (Wetterbericht)
Jussuf.
[Frauenkopf im Profil mit Fes, rauchend]
Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 41).