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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Dienstag, 16. Februar 1937

Emil Raas
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16. II. 37.

[zwei Köpfe im Halbprofil, dahinter ein Kaktus]

Reizende Menschen.

Lieber Mill.

Hier große Sachen für die Wiederholungen meines Schauspiels. Denken Sie 8 Menschen nun sind hingegangen, heute früh 2 erstkl. Damen – und ich glaub es kommt wieder. Es ist rein aus mater. Gründen. »Einfach toll«, ich machte mich heute Vormittag (wie in Hypnose) auf zum Direktor. Er war sehr lieb; – ich weiß nun, daß keine Intrigue im Spiel. Alles rein mater. Gründen. Aber man muß doch paar Mal geben, damit alles in Gerede kommt. [2] Doch großartig von den fremden Damen und Herren. Christen und 3 Juden hier. Es war das schönste Stück und glanzvollste Inscenierung, die hier je stattgefunden – sagten sie. Dr. Korrodi sagte, er ging hin, sowie wieder aufgeführt. Seine Mama war doch da und schrieb mir unerhört schön. Also im Gang! Aber bitte noch unter uns. – Eric H. schrieb, er habe Sie nur was angefragt wegen Buchhändler? Mein Buch kommt Ende Monat. Ich erwähnte Ihren Namen nur als Mill Raas als Indianer. Oder schädigt Sie das. So streich ich bei der II. Korrektur jetzt. Ehrlich Antwort! Vielleicht stößt sich mal ein Feldblumenhalbmond daran. [3] und »Partie« wird nicht! (Schweine!!) Bitte verzeiht!! Der Cynismus Appelmus mus muß heraus; ich spuck ja schon den Tagüber an alle Pforten und Fratzen aus. Verzeiht! Verzeiht – es mai’t schon und die Möwen singen. Ich weiß warum Sie nicht wiederschreiben. Überlegte hin und her. Weiß nun!! So höret die Mordgeschichte, Sie den ich mal geliebt hab – wirklich ehrlich, ja fast zauberisch, dann in den Müll warf. Ich schrieb so was vom »reinen« Körper – so ähnlich vom River und Sie mir aber die Hand geben, als ob ich der arme Heinrich – der Aussatz habe. Ich merkte das wohl in meiner vom vereinten Schwitzervolke erniedrigten Herzen. [4] Oder Sie dachten, geb ich ihr anständig die Hand oder küsse sie, wie Sitte in Culturlanden, sitz ich schnapp in der [Mausefalle] Falle. Sie verkommen nicht im Schooß des Prinzen von Theben; verstehen Sie das? [Kopf im Halbprofil mit Fes, um einen Tintenklecks gezeichnet] War Klecks gekommen. Auch hatte ich so geschrieben ohne an die Betten zu denken. Verstanden!?! Oder nicht? Ich hatte, ehrlich gesagt geträumt in der Nacht, Sie hätten einen Ekel gehabt, sind purpurrot geworden, als Sie mir Lebewohl sagten und mir die Hand geben wollten. So’n Ekel hätten Sie vor meiner Hand gehabt. Das ist eine Frechheit; ich schoß auf Sie und traf Sie nicht. Ich lief hinterher die Treppe, immerzu noch über die Straße, traf Sie nicht! Solche Einbildung. Wie sie sich ja alle so wichtig hier nehmen – und Ihr Trotz [5] ein sich wichtignehmender Moment. Das Getue. Ich sagte zu jedem Strichjungen meinethalben, »eck lewe Önk!« Oder ich liebe dich – nun und wenn schon!! Ich küß auch alle Hände, warum nicht? Früher küßt ich mir selbst die Hand [Hand mit Ring auf dem Mittelfinger] dachte ein Ritter küßt sie. Nun – bin ich weniger oder bin ich gefesselt oder hab ich mich aufgehängt, da ich mir nicht treu blieb. Wer bin ich? Wasser mit Geyerschrei. Feinste Suppe aus dem Universum. Hier alle noch in Maskerade und besoffen. Ich offen und ehrlich wie stets, aber im unbürgerlichen Sinn. Wurde gestern 1000 u. 3 Jahre – Hängen Sie die Spießbürger alle am Birnbaum auf. Jussuf Abigail