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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, kurz (?) nach dem 3. September 1938

Emil Raas
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[Briefkopf des Hotels Seehof-Bollerei]
nicht hierhin je adressieren, da unsicher.

Ich danke Ihnen, lieber Mill, für den lieben Anruf und die guten Worte. Wir haben beide äußerlich ganz gewiß – verschiedenes Leben durchgemacht und darum ist oft kein Verständniß. So immer hin und her in der Welt mußte ich, auch wie noch kein 1000-jährig Reich entstand. Und wenn ich ausruhen will, geh ich im Gemüte nach Hause [2] am Fuß des Waldes in unser Haus das für die Einwohner sehr mystisch gewesen, wie eine Sage schon bei Lebzeiten. Nun ist unser Turm ein Greis, eingesunken. Warum hatten Sie so traurige Stimme? Natürlich verbinde ich es nicht etwa mit mir. Die Welt staubfällig und doch noch am Verbluten. Unser Emigrantenloos unsäglich, aber das Weh der Beobachteten im Lande noch schlimmer. Bei der Thora werde ich morgen Rabb. [Davidstern] Dr. Taubes bei Wort nehmen, daß er meiner Freundin in Gerusalemme [3] Sohn hilft nach Palästina zu kommen. Der Junge verhungert in Wien etc. Ich kann ihm nichts senden. Man zog mir sogar wieder 25 Frc. einfach ab. Aber Dr Job Radio läßt wieder lesen von mir. Man schämt sich direkt zu sein. Ich habe in Paris deutsche Zeitung Essay gehabt und nun kommen 12 Gedichte. Ich geb mir so Mühe. Denken Sie hatte Tage meine Schuhe verloren, [4] heute gefunden. Ich hab aufgeatmet. Ich hab Ihnen inl. Bild gemalt, Sie und Ihr kleiner brüderl. Freund Herbert asiat. gezeichnet. Ich kann nicht anders. Ich empfinde so Worte wie »wenn ich darf anklingeln« für fremd. Und das kommt davon, ich bin ja immer allen so fremd. Nur Stenzel nicht und paar. Ich kann nicht aus meinem Schacht. Ich grüße Sie viele Male. Hatte so viel durchzumachen. Im Selekt schwere polit. Sache. Bitte unter uns!!! Eine Bedienerin, die ich so oft beschenkte, die mich fast ins Verderben brachte, wenn ich ruhig gewesen. Und noch so viel! Alles Schöne! Jussuf

Anmerkungen

Briefbogen des Hotels Seehof-Bollerei.

Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 51).