[246] Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Jerusalem, Freitag, 25. August 1939


Schweiz
Herrn Fürsprech
Emil Raas
Bern [von fremder Hand:] 17
Balmweg 7.
25. Aug 39
Sehr werter Herr Fürsprech.
In Eile die Karte. Haben Sie meinen Brief per Luftfahrt nicht bekommen – etwa vor 10 Tgn. von mir abgesandt? Ich schrieb bittend auch Herrn Bundesrat, nach Bern. Herrn Wild und Herrn Schneider: Zürich Fremdenpolizei. Die beiden Herren kennen mich. Und noch kein Visum um in die Schweiz hereinzukönnen. Vielleicht – dauert es noch länger, – ich kann überhaupt nicht fort. Dr. Nothmanns haben für mich noch keine Nachricht von Ihnen. Fragte heute früh. Wie wird alles werden? Wer weiß es? Und man vergeht fast. Sie wollten doch nach Neuseeland – Ferien. Waren Sie da? – oder gehen Sie hin oder wo? Wie mutig hier Juden und Araber sind, kann ich nicht schildern. Wir haben uns gewöhnt an der Kugel. Es ist jetzt etwas kühler und die Luft sehr gut, auf dem Berg Zion wohnen wir doch. In Tel-Aviv unbeschreiblich heiß. Ich grüße Sie und Renée Dreyfuß (?) oder noch Renée Raas und Ihren verehrten Papa.
Jussuf.
Schreiben Sie wieder: Hôtel Vienna. Jerusalem.
Anmerkungen
Poststempel: Jerusalem, (die Briefmarke ist abgelöst, nur Monat und Jahr des Poststempels vorhanden) 8. 39.
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 58). Druck: Else Lasker-Schüler, Werke und Briefe. Kritische Ausgabe. Im Auftrag des Franz Rosenzweig-Zentrums der Hebräischen Universität Jerusalem, der Bergischen Universität Wuppertal und des Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar hg. von Andreas B. Kilcher [ab Bd. 9], Norbert Oellers, Heinz Rölleke und Itta Shedletzky. Bd. 10: Briefe. 1937–1940, bearbeitet von Karl Jürgen Skrodzki und Andreas B. Kilcher, Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 2009, S. 246 f.