Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Freitag, 16. März 1934
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16. III 34
Lieber Mill Raas.
So würden Sie sicher in Peru heißen – wenn wir Indianer-Cowboys wären. Das träumte ich mal in tiefer Nacht, die dunkel wie der Urwald war und alle Sterne im Zelt eingeschlossen schliefen. –
Ich habe Ihnen eben die paar kleinen Blumen geschickt, die Sie in ein Glas stellen vor dem Bilde Ihres liebreichen Onkels.[2] Ich darf mir nicht erlauben Sie trösten zu wollen, würde das auch nie versuchen – solch Eingriff im Gemüt des anderen. Es ist sehr schmerzlich für Sie, das empfinde ich wohl. Aber da Ihr lieber Freund und Onkel nun sicherlich im Himmel ist, so möchte er sicher, da Sie auch wieder ruhiger werden. Nirwâna machte ich mal durch als ich hier so krank vor Monaten im fremden kühlen gastlosen Saal im Hospiz an der Heizung saß. Eine holdselige Ohnmacht – man könnte auch sagen stilles Zerströmen. Ja nun weiß ich warum ich so viel an Sie schrieb, und gewiß so aufdringlich war – alles so einsam so lieblos so fremd um mich gewesen. Nun reise ich am 24. März von Genua, wo mein Bilet schon am Triestiner Lloyd liegt. Ich verstehe, daß Sie Sich erst nun finden müssen – denken Sie nur daran. Briefe schreiben macht Ihnen Mühe und deswegen Ihre Traurigkeit. Das will ich nicht. Wenn Sie mal schreiben, schreibe Ihnen natürlich wieder. Jussuf.
Sie haben ja die Adresse.
[1] Ich hoffe Ihr Freund Herr Messingers Sohn ist wieder in Bern.
Alles Liebe! Ich bin sehr traurig [Blumen]
Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 6).