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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Mittwoch, 10. März 1937

Emil Raas
[1a]

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10. III. 37 ½ 1 Uhr

Lieber Mill.

Ich soll doch sprechen – am 19. März sagt Dr. Oprecht. Und schon alles insceniert. Dr. Korrodi will Buch besprechen und 2 Tage vorher wird er vor meinem Abend Zeitung drucken lassen. Für Dr. Oprecht sehr viel wert und für das neue Buch. Dr. O. sehr nett zu mir und er sagt in allen Sprachen soll es übersetzt [2] werden. Es kommt so in 8 Tagen heraus. Ich sende es sofort. Ich reis dann 1. Rom von Neapel nach paar Tagen 14 Tgn. ab nach Jerusalem. In Basel werd ich vielleicht auch vortragen vorher bei derselben Musikdirektion. Auch den Dichter von Irsahab sag ich wieder, den kann ich spielen. Wenn man so spricht hoch auf Podium dann ist man wieder bei sich – das Publikum Orchester. Man entkommt für eine Stunde bürgerlichen Situationen. Ich hab hier wie nie ein Schaudern [3] bekommen vor diesen Dingen – darum sagt Frau Dr. med Bagotzki: spuck ich immer wie ein Cowboy. Psychoanalyse wie diese, daran glaub ich fest. Und ich trinke aus den Rest. Ich kann gar nicht schlafen. Früher schrieb ich Ihnen so oft nachts, auch das nicht mehr. Dr. Korrodi sagte mir, er habe auf mein schön? Gedicht: Das blaue Klavier von Schweizern so viele Schmähbriefe erhalten. Immer wandele ich die Jaffastraße auf und nieder

Heute noch im Traum durch meine Augenlider.

[4] Vier Frauen schlafen auf dem Schiff

In jeder einzelnen Kajütte

Ich lieg am Fenster und die anderen in der Mitte.

Und morgens trinken wir an einzelnen Tischen Cacao

3 Männer jedesmal und eine Frau.

Und liegen dann auf Deck im Playd

Bis spät. [Schiff]

Dann kommt Ithaka, es dreht uns blau den Rücken

Und Griechenland und morgens [Kaffeetasse] wieder frühfrühstücken

Und dann kommt Haifa mit der Trope

Ich klettere rasch in meine Robe

Und steige aus der Arche auf den Sand

[5] Ach meine Freundin Liebelfrieda

Freut sich und ich – bin wieder da.

Sie buckt mir meine Lieblingsspeise.

Bei Förders giebt es Eis der Eise

Bei Krakauers den Architekten ess’ ich Insekten und Hugo Bergmann kauft mir meine Bilder für das Museum an – Donner und Doria und 12 Abende und im Portefeuille viel geschnallt vom Schulterblatt zum Palmenblatt – einfach toll! – Aus dem Café Selekt reisen morgen schon Leute hin, Herr Holzinger nach Haifa. Netter Junge und Herr Stern will auch hin als Photograph. erst wollt er nach Siam. Ich hab sie alle angesteckt. Ich will auch Cairo sehen, diesmal und mein Theben. [6] Ich will auch Galiläa und Syrien sehen, seh alles! Ich will auch auf der Post arbeiten, am Markenschalter in Jerusalem.

[Frauenkopf im Profil mit Fes] Lieber Mill, das es Ihnen nur gut geht! Sie müssen froh sein immer. Sie glauben nicht wie schön Sie es haben. So immer bei sich und nicht so über die Welt verteilt wie ich und immer hin und her. Wie soll ich denken oder Rast finden. In jedem Herz fror ich von Neuem. Bange schlaf ich ein, bange wach ich auf was der Tag will von mir und immer gejagt. Elfrieda läßt mich erst was ausruhen auf ihrem Kanapée, o du himmelblauer See

[Schriftzeichen] So heiß ich indianisch.

[1b] Ich hab noch 5 Pralinées in der Tasche. Schmeckten herrlich. Ich aß alle allein.

Ich geb nix mehr mit. Aber nicht wieder; ich will nicht, Sie geben so viel aus für mich. Kaufen Sie lieber Renée und dem Fräulein. Nachher – machen Sie mir Vorwürfe!?!