Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Ende Oktober oder Anfang November 1936

Bitte Bogen verzeihen

Soll ich Ihnen meine – Arbeit, im wahren Sinne der Worte senden und werden Sie sofort wiedersenden können?

Lieber Mill.

Bin gerührt über lieben Anruf. Gehen Sie ja ein–2 Tage zu Bett, man kriegt die Grippe nit los. Und immer Nasenspühlung mit Kamillenthee – nach einer Spühlung etwas kühler. Und Glycerin auf Wattetupfen in die Nase. Denn von entzündeter Nasenschleimhaut kommt Grippe. (Der Pulypenkochheerd) der Grippe. Ich bin auch so überarbeitet; das geht immerzu. Und dann die vielen Antworten: Emigranten. Ich bin oft schon ganz schwach davon von dem Briefschreiben allein. Wie wird es nun in der Welt? Bevor ich gestern Abend spät hörte, schrieb ich nach London einen Menschen, der früher Curier war, er soll sofort zu Lloyd George (sehr bekannt mit ihm) und überlegen, wie man König [2] Alfonso wieder auf den Thron in Spanien setzt. Denn wenn Muss und August aus Berlin ihren Lohn holen, sind wir alle verloren in Europa. Aber Alfonso, der sehr klug und temperamentvoll ist, streicht das Versprechen an Gangster und er muß Franco überzeugen, daß der besser unter ihm als Kanzler oder Kriegsminister etc. fortkommt. Wenn er das kann, alles gewonnen. So sprach (vielleicht) mein Onkel aus mir. Nun höre ich spät, Alfonso ist bereits in Rom. Und heiratet wieder seine geschiedene Frau (Irrländerin oder Engländerin) Er ist bei Muss oder Ciano. Muss muß zuerst vom »August« (aus Braunau) trennen.

Vor Politik lesen habe ich alles verlernt. Denken Sie, Mill.

Also gute Besserung, immer Kamillenthee trinken. Das allerallerbeste, sagte Dr. Magnus Hirschfeld.

Alles Gute in der Zuckerdute.

Ihr Jussuf