Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Mittwoch, 21. April 1937
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21. IV 37.
Lieber Wertester
Ich schrieb noch um 1 Uhr nachts, zerriß aber wieder, da Kaschemmenbrief. Aber das Wasser hat sich wieder gelegt – so ganz noch nicht, aber ähnlich. So ein aufregender Tag von neugierigen Weibsbildern und Intriguen ist mir seit langem nicht vorgekommen. Ich konnt mich nicht ganz verteidigen Oprechts Frau mitwirkte in ihrer eckelhaften dummen Neugierde. Ich wollt sie nicht böse machen zusammen. Ich log noch in sein Interesse – daß er so – lieb von ihr gesprochen in [2] Ascona. Da standen Thränen in ihren Augen und sie schwankte. Er dankte heimlich mir. Ich glaub er liebt eine andere, aber geht mich nix an. Auch so eine anders taktlose aber schlanke. Diese mir Affendinge bei dem Ernst jetzt. Ich sende Ihnen morgen paar Briefe, damit Sie Dokumente haben denn die Elemente in Bern so viele in ihrer Magenkühle Grunde geht ein Mühlenrad. Der Franzose sehr berühmter Kritiker etc. Dichter etc. in Frankreich. Er veranlasste vor Jahren R. R. Lambert meine hebr. Balladen zu übersetzen. Er übersetzt nun mein Buch. Ich wußte mir gestern keinen Rat, Dr. O. wollte [3] so gern mit dem Anwalt sprechen, er allein weiß von Dr. Meyer. Er hat heute auch mit [Mund] telephoniert. Und großartig – bitte nur für Sie. Der läßt überhaupt mal eine Zeit – alles liegen – in Conserven. Ich atme auf, denn [Schiff] muß Antwort warten, da umsonst und Schwester meiner liebsten Freundin Elfrieda-Rahel Caro kommt mit vielleicht, will zur Schwester für immer. Ich hab die auch sehr gern. Und nun – Rom. Sandte gestern Duce (unter uns Bücher, Arthur Aronymus u. Hebräerland mit herrlichem Brief – glaube so! [4] Vorhin kamen doch wieder 20 Meter an von einem Herr Prantner oder so ähnlich; verschämt durch einen anderen gesandt. Ich aß heute Selekt 1 Frc. dazu Erdbeermarmelade. Ich bin nun übergegessen; ich krieg schon Grauen wie vor Frauen in ihrem Schooße ist nichts loße. Großartig geht Buch, bin froh für Dr Oprecht. Nun hab ich 122 Frc. im Portmonnay, o du himmelblauer Übersee. Habe gestern wunderbare Tasche gekauft Brann mit Initialen draufgeprägt und 2 Gurts für Decken drauf zu schnallen für See herrlich! Heute besser wie gestern. Und verzeiht mein cynisch [5] lautes Lachen, als Ihr von Besorgniß spracht. Diese Lüge! Kein Mensch hat Besorgniß 4 Jahre für mich in der Hundehütte gehabt. Und wie befremdete es mich, Jussuf, wie Sie sagten so gekünstelt gequält, »ich bin wirklich in Verlegenheit, ob ich Ihnen richtig sage über Ihr Buch«. (So in dem Sinne. Ich saß noch lange Hand am Kinne und dachte nach hoch in den Sternen, nicht eine Spur von Habengernen. Ihr habt alle eine Ahnung; fremd seid Ihr mir alle, ich wollt es käm ein Fischer timpete und tränk mit mir Kamillentee. Sie haben die Schuld, daß ich erkühlet, Sie der immer hat gezielet, daß sich mein [Herz] nicht zu [6] engagiere – im letzten Moment fiel die Türe.
Wer hätte je von mir gedacht, daß ich so kühl kann schreiben .........
Ich hab keinen Namen mehr. Oder finden Sie einen? [fliegender Vogel]
Aber ich schreib auch keinen mehr als Überschrift.
Dr. O. meint M. Raas heißt wirklich ein Cowboy in America im Cinema Zion. Rees wird der ausgesprochen. Also keine Angst, ich hab selbst fast Reue denn ich compromettiere Euch vielleicht?
Dichter ist doch Sch. für die Prolethen.
Bitte bitte verzeiht.
[Frauenkopf im Profil mit Fes]
Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 37).