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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Montag, 16. Juli 1934

Emil Raas
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Fraumünsterpost poste-restante Zürich

16. Juli 34

Lieber.

Ich hätte wirklich nie wieder an Sie geschrieben – aus so vielen Gründen, jedenfalls nahm ich an, wie aus Hohn gegen mich selbst gerichtet – etc. solcherlei mehr Ihnen ist es so lieber. Ich schrieb Ihnen auch von Jerusalem eigentlich nur eine gezeichnete Karte oder zwei? Als ich auf dem [Schiff] Jerusalem war – auch – und dann hier eine? Ich weiß nicht mehr genau; aber genau weiß ich, daß ich damals in tiefster Pein und Verlassenheit und noch mehr, zu oft an Sie schrieb von hier, wie Jemand immer wieder klopft wo ans Fenster, wo Jemand wohnt mit blauen Augen, die lieb blicken können. Aber Sie glaubten immer ich [2] wollte ein Stück von Ihrem Leben mir betteln oder gar einnehmen – es zum »Sklaven« machen. – Wie es mir ging, bevor ich nach Asien fuhr und zu den Sphinxen nach Afrika, ahnen Sie ja gar nicht. Am schwersten litt meine heimatlose Seele. Immer ist sie ertrunken – fast und dann kam ich mit ihr nach den fernen Ländern, die ich schon von meinen Büchern her kannte – und die namentlich mich – besser wie ich mich selbst. Denn die Länder erklärten mir meine Handlungen, die Sie gar nicht fassen hätten können. Sicher nicht! Es muß sehr aufdringlich ausgesehen haben – aber ich weiß nicht, – da ich nur tat was ich fühlte. Nun kann ich wieder das thebet. Lasso um mich werfen und wenn ich auch über die Hecke springen wollte, Ihnen schreiben, Ihnen wieder auf Ihr Schreiben, so ließ ich es! Denn mein stärkerer [3] Wille siegte. So unwahr wird man – die Welt nennt es Beherrschung. Ich nenne es: Stärke. Die meisten Menschen hier zu Erdteil haben ja nur Pudelhunde zu beherrschen – ich aber weiß nun mit Jaguaren umzugehen. – Wie müssen Sie von mir gedacht haben,? von mir edelstem Geblüt, Jussuf thebetanischer Prinz und Hohngelächter aller Bürger hinter mir. – – – Ich habe mich gefreut mit Ihrer Karte. Ich bin wohl, ich kenn’ auch nettere Menschen jetzt – auch Studenten, die wollen, ich soll überall vortragen über Palästina. Nicht wissenschaftlich oder gelehrt oder wie literarische Weiblichkeit und [Brille] Dozenterei, aber auch nicht, wieviel Ställe hat die liebe Colonie in Jerusalem!! Aber wie die Bibel es möchte!! Im September. – [4] Auch mein Schauspiel soll aufgeführt werden, wollen die Studenten irgendwo in der Schweiz – wo sie Direktoren kennen. Mein nett Theaterstück! Ich hätte Sie so gern gefragt, was Sie mit der Sklaverei meinen, die Sie aufgeben werden Herbst. Bitte sagen Sie mir doch – unter uns Zwein – geht es Ihnen schlecht? Sind Sie gefangen von oder fühlen Sie Sich gefangen. Da Sie so feinfühlend sind, so herb wie der ewige ganz dunkle und ganz lichte Wein. Geben Sie etwa zu viele Privatstunden oder – es würde mir weh tun. Ich kenne jetzt auch prachtvolle einfache Frau Nationalrat Dr. Farbstein die mir sehr gut ist und Herrn Nation. F. und ihren kleinen unglaublich niedlichen Jungen. Und ich lernte auch Herrn Dr. Rosenbaum den großen Juristen hier kennen. Kann ich irgend Ihr Studium erleichtern? Ich meine, daß von den beiden Herren sich kümmern würden – der Schnelligkeit wegen, der Leichtigkeit wegen. Ich habe [5] nie Jemandem Ihren Namen genannt. Tue es auch nicht ohne Ihr Wissen!! Wir sind doch Indianer? Auch würde ich nicht eine Ihrer Fingerspitzen, nicht einmal mit einem Sommerfaden kürzen! Nachdem ich gesprochen hätte, würde ich das Gespräch Ihnen schreiben und vergessen. Ich sende Ihnen den wertlosen Ring eines Beduinen zum Zeichen meines Indianertums – und ich verkehrte dort im Hause seiner vier Frauen. Ich hab einen bunten Glasring von Meilé der nettsten bekommen. Wenn er Ihnen zu wertlos, dann werfen Sie ihn in den Brunnen in den Springbrunnen vor dem wir standen und den kleinen Bären zuguckten. Sie badeten gerade.

Im Okt. oder Nov. muß ich wieder nach Jerusalem – ich bekomme das Bilett auf der Jerusalem und schön wäre es Sie sehen auch mal das Land und dann fahren wir zu 5 Indianern hin. Alle bekommen wir von Genua das Bilett. Ich kenne die Direktoren gut. Dort lebt man so natürlich – von Dingen, die man sich pflückt, auch die Orangen – Ehrenwort – wahr. Und – Tel-Aviv – da sammeln wir Muscheln.

Jussuf (Abigail heiße ich dort.

Abigail war Sauls Tochter!

Bitte seien Sie froh!!

Ich habe 9 Vorträge unterschrieben bis Januar.

Colonie Bei Jerusalem

Colonieen etc.

[6] Ich wohne jetzt im Glockenhof evang. Hospiz; viel netter u. wenn anders, such ich mir klein Zimmer

[1] Ich bin gar nicht fähig besser zu schreiben heute Verzeiht!