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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, wahrscheinlich Ende Dezember 1934

Emil Raas
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[Stern] Lieber Mill

Ich schrieb gestern Abend langen Brief, traue mich nicht ihn abzusenden, da ich Sie doch zu wenig kenne, Ihre innersten Gedanken und Empfindungen. Ihr Gemüt glaube ich schon eher zu wissen, da Gemüt ein leiser Strom ist und alles Unwahre [2] obenauf schwimmen bleibt. Ich erklärte Ihnen im Brief, ich bin zu – alt für Sie – würde beim Bürger stimmen, aber richtiger hier: Ich bin zu weit für Sie. wie Sie richtig oder unrichtig Sich mal am Telephon ausdrückten – zu – groß für Sie. Sie verwechselten Ungehemmtheit, [3] ungehemmtes Handeln mit Größe. Aber mich scheert nur der Spießbürger nicht und nie noch hat er mich in meiner – Größe schon als Schulkind nicht gestört. Sie sind nun ein Jurist. Nicht ohne. Sie wissen zu schweigen wo Antwort Confussionen zur Folge haben, zu umgehen Gedanken und Gefühlsgefahren. Ich bin ein Quell, gar [4] ein häßlicher unscheinbarer – ströme ins Meer – ist eins da.

Mill, ich darf nicht länger Sie hinhalten, ich bitte Sie mir nicht mehr zu schreiben, oder ich könnte Ihnen, Sie mir eine Gefälligkeit erweisen. Ich bin Ihnen ein Bann, Sie verzweifeln an so viel – Größe (100 Ctm.) und ich will nur Ruhe bringen wie [5] ich im Grunde Ruhe stets herbeisehne. [am Rand:] Die Bleistift abgebrochen [|] Nun keine Sentimentalität möchte ich herbeifügen, ich wünsche Ihnen nur fürs Neue Jahr alles Liebe und alle Freude. Erkältet habe ich mich – höchstens nur im Schneefall der Menschen. Zum Schluß – ich war stets ehrlich – in Variationen allerdings – leicht verständlich. Aber ich bin zu groß um zu alt zu sein. etwa ältlich. Alles Schöne!!!

E. L-Sch. der Prinz Jussuf – immer noch.

[6] Mir nicht leicht gewesen zu schreiben. am – Schreibtisch, Küchentisch, Anrichte – meiner ewigen Einsamkeit.

Aber ich schrieb es im größten Ernst.

Ich werde an meiner Einsamkeit nicht untergehen noch trauriger werden.