Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Zürich, Dienstag, 20. Februar 1934
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20. II 34
Bitte verzeiht den Bogen, da der Postmann nur noch die zwei halben abgerissenen Blätter hatte. [am rechten Blattrand eine Blumenranke]
Lieber Begleiter,
lieber Wolkengeyer
Gestern ging ich ganz eilig wieder durch den Pfad, der gut zu betreten ist, zu den Inkas. Kam mir doch wahrhaftig der Medizinmann entgegen. Er wußte schon – er las Euren Brief und [2] enthob mich dem Eid. Da sandte ich Euch die Depesche. Auch im Gedanken, daß Ihr Euch die drolligen Menschen auf den Straßen ansehen solltet. Denn Eurer Brief war so traurig, daß er mir weh tat. Ich hatte ja die ganze Schuld – ich hatte nur nach meinem Herzen geschrieben und da muß sich ja der Verstand rächen. Bitte seid froh! [3] es ist doch genug, daß ich immer betrübt bin. Ich freue mich Eurer Freundschaft – aber nie dürft Ihr die unterwerten. Ich wüßte Niemand nun auf Erden, der so ganz und gar ist wie Ihr. Und so lieb und blauäugig und was ich von Euch halte, sagte ich ja schon. [4] Und Ihr beleidigt mich wenn Ihr Euch unterwertet. Ich fahre Anfang März: Egypten – dorthin müssen Sie kommen oder Palästina
Alles Liebe
Euer säumender Vogel
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Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 5).