Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Ascona, Sonntag, 24. Mai 1936
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24. Mai 36
Lieber Mill.
Ich hatte – glauben Sie mir mein »einfach« (wie Sie schlicht sagen) Wort. Ich dachte nicht an Ihr event. Kommen – ich schweig lieber, als, daß ich noch mehr darüber sage. Grade kommt der Nationalrat Graffner (mit einem f.) ins Verbano –
(also Pause)
Er geht nun wieder fort. Er wird Sie in Bern einladen. Ich bitte Sie [2] gehen Sie hin. Ich glaube er hat großen Einfluß wie Nationalrat Grimm. Ich sagte ihm, Sie hätten damals bei Grimm für mich gesprochen. Er sagte, Sie möchten doch zu ihm gehen, denn wenn zwei Herren (in der Stellung) meinte er, sprächen, wäre doppelt gut. Der Kanton glaube dann sicher, daß meinem Hiersein keinen Schaden entwächst. oder erwächst. Nun handelt es sich darum –
[3] Nº 1. daß ich überhaupt noch in der Schweiz bleiben kann, hier Ascona und Zürich. Wenn vielleicht gesagt wird 1. wie wirklich wahr, ich sei noch krank: Das Rescept giebt jeder Arzt. Dr. Rom sofort. Dann, daß ich enorm die Schweiz gepriesen, besungen in meinem neuen Buch: Palästina und der Verleger würde es bezeugen. Dann die event. Aufführ. [4] meines preisgekrönten Stücks: in der Schweiz. Herbst.
Und Dr. Eduard Korrodi Chefred. Neue Zürcher Zeitung sollen sie fragen. Ich bin ja so unglücklich, immer verstehen Sie mich oder so oft so falsch und dann sprechen Sie im Ton so grob; verzeihen Sie! Ich bin ja gar kein Mensch – eher ein unglücklicher Strauch. »Jenseits von Mensch – jenseits von gut und bose sagte herrliche Nietzsche. [5] Der Direktor und seine Frau hier, der Dichter Dr. Matzky sagt eben ich soll noch in Ascona schon der Sonne wegen bleiben, die scheint nun.
Ich teleph. da ich nicht fertig wurde – was tun? Darum. Früher freuten sich, als ich noch Prinz von Theben [Mondsichel mit Stern] war, alle Menschen wenn der rex telephonierte. Ich darf grob sein, andere Menschen nicht, Sie keinesfalls Jussuf.
[6] Der Hellseher las paar Worte nur – noch nicht mal: Mill. Ich drückte mich wieder falsch aus.
Nun die Sinthflut
Arche [Schiff, Fisch und bärtiger Mann mit Tuch über dem Haar] Noah
Anmerkungen
Quelle: The National Library of Israel, Jerusalem, Emil Raas Collection (Arc. 4* 1821 01 27).