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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Ascona, Mittwoch, 4. Dezember 1935

Emil Raas
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4. XII. 35

Lieber Mill.

Ich bitte Sie um Entschuldigung des gestrigen »besoffenen« Briefs wegen. Den besten Menschen läuft mal der [Krug, beschriftet: »Theben«] über und noch den nicht besten. Ich hatte mich auch am Morgen doch so erschrocken wegen Schocken. Plötzlich sendet er heute wieder durch Sekräterin Karte. Aber ich denk nicht daran, da die Hauptperson Schocken selbst [2] aus dem Verlag heraus sein soll. Genau solchen Schurkenstreich machte vor 5 Mon. Kurt Wolff der Borusse (Chorstudent. Er bot mir, ohne daß ich fragte, plötzlich die noch vorhandenen Bücher: Die gesammelten Gedichte mit einem sehr guten Bilddeckel von mir gekrizelt an. Ich konnte ja nicht kaufen, aber die Direktoren von Branns wollten kaufen. Denken Sie, auf einmal waren alle Bücher nur ohne Buchdeckel da, wie die Herren schrieben. Haben Sie das Buch? Ich sende es Ihnen dann, machts Ihnen Freude etwas? Ich selbst bin ein [Schwein] [3] Bitte verzeihen Sie mir! Ich bin ja so gehetzt und innen einsam. Außen alle um mich unten auf der Straße oder Verbanokneipe oder wo alles sonst. Gestern Theeeinladungen, wo man mir verriet, sie wollten mir ein Fest geben, was ich sehr verboten habe. Ich will keine Feste oder in Tiba [Mondsichel mit Stern] meiner Stadt. Auch kommen wieder Leute und momentan die kleine Sonne im Schneejumper.

Die Polizei noch keinen Bescheid, aber ich hoffe. Mit dem Nikolas ist es wahr. Nicht wahr, ein Glück. [4] Nun ist so schrecklich, ich habe kaum mehr Sehnsucht nach Jerusalem – ich weiß man wird überall und von jeden Menschen doch enttäuscht. Ich muß jetzt weiter und ich schließe, vergieße eine Thräne.

Ihre Dichterin

Ich danke Ihnen für alle Mühen selbstredend.

»Ich bin auch zu ungezogen!«