Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Ascona, Samstag, 28. März 1936
28. III 36
Lieber Mill.
Ich danke Ihnen für Ihren Brief! Wenn es für D. Fr. besser, werde ich natürlich nichts schicken, noch weniger hinfahren. Immerhin hätte ich alles vorsichtig getan. Der beste christl. Anwalt ist ja die Hauptsache, christlich, da objektiver selbstredend für die Massen. Ich verstehe wohl. Ich wußte, daß Ihnen das Wunderjournal Freude machte; danke sehr für die lieben Worte.
Hier wird es jetzt lebhafter, es kommen die Menschen – in 10–14 Tagen Dr. Kanasch und seine Frau, meine wundervollen Freunde aus Zürich, die immer so lieb zu mir waren. Sie bleiben 14 Tage. Nun mußte ich ja meinen Pass und Rescept nach Bellinzona senden und ich hoffe ich kriege Verlängerung, bis ich Palästina reise. Dr. med Tomarkin hat in Bellinzona gesprochen. Geht nun von dort die Anfrage erst nach Bern? Glauben Sie die geben keine Erlaubniß? – Nun ich reis wann ich will. Ich bin so nervös, bitte verzeihen Sie meinem Arm, meiner Hand, daß beides unsagbar abgespannt. Ich hab immer ein Gefühl er ist nur eine Haut. Sie dürfen Sich auch nicht so unmenschlich anstrengen! Sie sehen doch wie ich zusammenbrach ohne mich wieder erheben zu können. Georg Bernhardt schrieb mir gestern, sehr bald käm meine Einsendung, die ersten Seiten meines Palästinabuchs. Ich sende dann die Zeitung Ihnen. Ich habe eine Bitte, ich habe das blaue Klavier verlegt; wenn Sie Zeit haben – nur dann, schreiben Sie es mir mit der Maschine ab. Warum sollte Ihre Antwort nicht gut sein? Sie brauchen mir doch keine Stylbriefe schreiben. Gehen Sie öfters in den Wald, aber wo er frisch ist. Damals saßen wir alle in einem eingeschlossenen Baumwinkel, wo es wohl schön war im Kraal, aber vielleicht was dumpf. Ostern eben – Telephon kommt der Schweizer Verleger hierher, große Freude für mich, da brauch ich nicht extra hin; aber ich bekam wieder 50 Franken und kaufte mir Orangengelée, Honig, Butter Balkabrot Cacao, Zucker und Lachsschinken und Eptinger 2 Flaschen zum Trinken [Tasse] und morgen ein paar Schuhe, da ich einsinke.
[Indianerkopf im Profil]
[Kuvert:]
Herrn Fürsprech
Emil Raas
Bern
Balmweg 7
Anmerkungen
Poststempel: Ascona, 28. 3. 36.