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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Ascona, Montag (?), 18. (?) Mai 1936

Emil Raas
[1]

[1][2][3][4]

Postfach 49 Ascona

18 (?) May. 36

Lieber Mill.

Inl. Brief schrieb ich auf Karte wieder. Was sagen Sie zu meinem Paragraphen, zu meiner Jura? Jedenfalls sagte ich 100 Frc. und der Mensch sandte 50 Frc. die weiteren 50 Frc. ließ er mir bestellen kämen nach. Das ist jetzt so lange her, Monate. Ich ahnte so was ja nicht – warum. Dachte, der Käufer sei arm, hatte schon Reue wegen 50 Frc. (Ich lüge) (Sie sollen die gesammte Judenschaft dieser Mißart – ihre Häute für mich verkaufen. Nun hab ich es satt! Jedesmal sitz ich erst Rat – [2] (auf dem Kanapée) ob ich essen soll oder nicht – (gelogen der Rührung wegen) und solch ein Loeb macht solche Schwierigkeiten. Sein Name schon schauderhaft im Klang? Ist der Brief gut? Bitte retour. Dabei gehört mir auf Ehrenwort das Bild überhaupt nicht mehr, aber eine Familie in Zürich, die ich gern habe. Ich dachte, verkauf nur zweitesmal, Sie, Mill, retten mich. Solches [Schwein, beschriftet: »Löb«] jetzt ging einmal Jemand in die [Käseglocke] Schweizer Käse drin

Ich schrieb, an Frau Prof. ich müßte das Bild, das Jemand? ahnte nicht wer gekauft, paar Tage wegen [3] Reproduktion haben (Neues Buch.) Ich glaube wirklich der liebe Gott, falls ich mich nicht versündige, würde lächeln darüber. Schnapp die Falle ging zu!

Ich möchte noch am Ende schreiben: Herzlichen Gruß und Kuß, Herr Löb und steigen Sie mir den Buckel herauf. Der Name Löb muß schon bestraft werden!

Ich danke Ihnen für sehr lieben Brief; am 2. oder 1. Juni schon wieder endlich in Zürich. Ich wohne [4] in dem netten kleinen Gasthaus Hôtel Seehof (Bollerei) am Limmat – am See mitten in der Altstadt. Ich brauch auch nicht mehr wie 50 Frc. für Zimmer ausnahmsweise bezahlen. Habe immer heißes Wasser und ich kann dann alles leichter zurechtmachen. Für mich sprach der liebe Dr. Steinmarder der Anwalt, und seine Frau Germaine darum so wenig. Ich bin beruhigt, da ich nicht packen und nicht Zimmer suchen kann – hab Angst vor Wirtinnen, die so frech stets. Hier ist es jetzt warm und die Vögel singen. Auch Bienen kommen wieder und holen sich Zucker vom Fensterbrett. Nie hat ich Zeit die kleinen drolligen Tiere, Bienen, Ameisen, Fliegen, Heuschrecken zu beobachten. Direkte Sklaverei! Ich bin auch so vernichtet und ernüchtert, die ich voll Lichter einst stand und Spekulatius und goldenen Äpfeln und Nüssen. Ihre dankbare Dichterin.

[2] Gestern verkaufte ich doch Bild 100 und 30. Vortrag

Habe also Geld genug.

Ich male Ihnen noch Aquarium.