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Else Lasker-Schüler an Emil Raas
Ascona, Freitag, 12. Juni 1936

Emil Raas
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12. VI 36

Korallenbaum

[Korallenzweige und Fisch]

blühender Korallenbaum tausende Meter unterm Meer. Unsere beider Wohnung.

Dies Papier verträgt kein Firniss

Lieber Mill.

Ich dachte noch gestern bei anstrengenster Arbeit, ob nun endlich Nat. Gafner Sie gerufen. Aber das ist wirklich so, selbst hier sagte er oft, ich muß noch arbeiten. Er ruft Sie sicher! Er hats mir versprochen. Ich habe ihm auch schon [2] geschrieben, daß ich erst in 10 Tagen ihm das versprochene Bild senden kann. Habe auch an Verlag Kurt Wolff nach München geschrieben, ob er noch 2 meiner Gesammelten Gedichte mit von mir gemalten Deckel hat. Nat. G. war so entzückt vom Bild des Deckels, daß ich ihm wenigstens so ein Bild malen soll. Buch hatten Bachrachs. Ich raub es event. wenn alles fehlschlägt. Ihr Gedicht wunderschön und ich danke Mill sehr. Man kann doch nur dichten und malen und spielen wenn man Zauber in sich hat. Immer muß man von Neuem warten auf Zauber. [3] Nun will ich Ihnen schnell erzählen. Denken Sie Anny Oppenheimer die meine Bilder sah wird 5 in Berlin verkaufen. Eins hatte sie schon vorher gekauft und das Geld 250 Mk der Familie gesandt, die ich angab, die direkt entzückt waren. Nun sieht das so lieb von mir aus? Aber ich muß mal ein ganzer Vogel [fliegender Vogel] werden mit der Gewißheit – ich darf ruhiger atmen: »Eine kleine Sehnsucht hängt.« Nun denken Sie – einfach toll! 6 Bilder ergeben 1000 und 250 Mk und da bekommt die Familie Vater u. zwei wunderschöne Mädchen [4] 1000 Mk; können was anfangen: Maschinen-Schreibbureau und Kindermassage oder Kindergarten und mein früher treues Mädchen 250 Mk, da kann sie sich was erholen in Kolberg wieder und hat noch Miete für 5 Monate. Nun die Bilder. Diese Aussicht lähmte meine Finger und mein Gehirn. Außerdem war ich per Auto mit Links (Engländer) hier auf einem Rigi – entsetzlich hoch. 1 ½ Stunde hoch 1400 Meter. Ich kam mit etwas Gehirnerschütterung heim, auch Sehstörung. Ich vertrag nur den Hügel an dem unser Haus lag. Ich habe aber wieder Gewalt bekommen über mich. [5] Denken Sie malte gestern alles – nur noch Kleinigkeiten. Ich sende wahrscheinlich heute ab. Nun möcht ich so gern Sie sehen vorher. Und schreiben als Schweizer die Adresse und Absender. Ich würde vollständig postreif alles senden. Sie müßten nur die Adresse schreiben. Auch Fürsprech, da das Wort in Deutschland nicht giebt. Darf ich Sie bemühen? Hier würden es auch Schweizer tun, aber sie betteln mir dann so eins der Bilder ab. Nun muß ich noch dem Apotheker hier und Nat. Gafner je ein Bild malen und schenken, da Revanche. Dann bekommen [6] Sie, Mill, Aquarium. Inl. zwei niedliche Blumenblätter für Ihr schönes Gedicht. Dann werde ich sehen für Stenz (Stenzelchen) ein Bild in Deutschland zu verkaufen dann kann er sich hier erholen. Er war immer lieb zu mir. Er muß dann mal nach Bern. Sie haben Freude. Er muß in Ihrer Jugendorganisation sprechen aus seinen Gedichten. Hier ist ein jüdischer Bauer – Chaluzim. Ein lieber reizender Mensch so interessiert und freut sich über alles. – Im Pariser Tageblatt las ich das Ungeheure – ja schon niedrigstes Verbrechen der Gestapo. [7] Aus Italien schrieb mir die Dichterin Marguerite Sarfatti, die das Buch über Duce geschrieben. Ich möchte nach Rom, ich ging wahrhaftig zum Duce, der mich sicher empfing. Er war sehr – über mein Thebenbuch. Hätte er nur nicht den Krieg angefangen. Das kann ich mit meiner Seele nicht verbinden. Ich hätte Ihnen das gern mal erzählt, manchmal saßen Sie in meinem Zimmer und ich erzählte. Nun muß ich sehen, letzte Energie wirklich und dann flattere ich paar Tage so umher. Immer gleich

Ihre Dichterin

Ist nicht Blum in Paris sehr gut?! Ich finde.